Dienstag, 17. September 2013

Keiner redet über's Wetter

Politik und Gesellschaft   |  Wahlkampf

Hitzig geht es im Wahlkampf eher selten zu;
bei der Erderwärmung gibt es jedoch kein Pardon
Angela Merkel nennt sich Klima-Kanzlerin und trotzdem fällt den Grünen nichts anderes ein, als sich über Steuererhöhungen zu streiten. Eines der wichtigsten Zukunftsthemen wurde in diesem Wahlkampf sträflich vernachlässigt.

Dem jungen Mann in der ersten Reihe sei Dank. Es war am vergangenen Mittwoch, 11 Tage vor der Bundestagswahl, als Hendrik Kramer den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück zur besten Sendezeit in der ARD mit dem Thema Klimawandel konfrontierte. Bislang war davon im Wahlkampf noch nicht viel zu hören gewesen. In ausführlicher und fundierter Weise brachte der junge Mann Probleme zur Sprache, die nach wie vor an erster Stelle aller Agenden stehen müsste.

Die beste Chance, den Wählern die Schlüsselthemen der kommenden vier Jahre nahe zu bringen, bot sich den Spitzenkandidaten in den TV-Duellen. Daran gemessen scheint das Thema Klimaschutz keiner der fünf im Bundestag vertretenen Parteien sonderlich wichtig zu sein. Im Duell zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück wurden dem Thema Energiewende gefühlt zwei Minuten gewidmet und nicht einmal Jürgen Trittin sah sich im "kleinen" Duell mit Rainer Brüderle und Gregor Gysi dazu veranlasst, das Paradethema der Grünen einem breiten Publikum wieder ins Gedächtnis zu rufen. Zwar scheinen die Probleme der Euro-Krise vielleicht auf den ersten Blick bedrohlicher und näher, doch was nutzen finanziell gerettete griechischen Inseln, die in 100 Jahren durch den Anstieg des Meeresspiegels in der Ägäis versunken sind?

Atomausstieg? Wollen alle. Erneuerbare Energien? Wollen auch alle. 2-Grad-Ziel erreichen? Wollen auch alle. Fast könnte man meinen der Klimawandel bedürfe keiner weiteren Erwähnung mehr, weil die das Vorgehen diesbezüglich sowieso einvernehmlich feststehe. Dem ist jedoch mit Nichten so. Kohlekraftwerke haben noch immer eine starke Lobby, die der Autoindustrie dominiert das Geschehen sowieso nach Lust und Laune, die FDP plant, nach der Wahl die Förderung von Öko-Strom stark einzuschränken und die internationalen Klimaschutzkonferenzen sind eine nach der anderen gescheitert. Ein staatenübergreifender Plan gegen den Klimawandel ist ferner denn je. In diesem Wahlkampf aber scheint es so, als ob von grüner Thematik nicht mehr übrig geblieben wäre, als das bürokratische Monster, das sich Energiewende nennt. Die schwarz-gelbe Regierung hat es auch hier geschafft, mit ein paar Lippenbekenntnissen den Eindruck zu erwecken, dass alles in trockenen Tüchern sei. Und scheinbar hat sich nicht nur die öffentliche Meinung davon einlullen lassen, sondern sogar die Grünen, die ihren Wahlkampf lieber damit verbrachten, ihre Steuermodelle vorzurechnen, als darauf aufmerksam zu machen, dass die Probleme, auf die sie seit 30 Jahren hinweisen zwar akzeptiert, aber noch lange nicht behoben sind.

Eine breite thematische Aufstellung ist ihnen natürlich nicht vorzuwerfen, doch scheint nicht jeder Wähler diese Verlagerung des Schwerpunktes mitzumachen. Die letzten Umfragen vor der Bundestagswahl und auch die Landtagswahl in Bayern legen den Verdacht nahe, dass die Grünen auf die falschen Inhalte gesetzt haben. Und dennoch bleibt zu hoffen, dass am 22. September eine starke grüne Partei aus den Wahlen hervorgeht. Mag sie in diesem Wahlkampf ihre ureigensten Themen auch vernachlässigt haben, ist sie noch immer die Partei, die diese am stärksten vertritt. Eine schwache Grüne wäre ein fatales Signal für die Zukunft. Denn die Zukunft hängt genau von diesen Themen ab.

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